Nach dem Brexit: Wissenswertes zur Einreise nach Großbritannien

Mit dem endgültigen Austritt des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union haben sich die Bedingungen für die Einreise nach Großbritannien geändert. Auch für den Zoll gibt es einige Neuerungen, die sowohl bei der Einreise eine Rolle spielen, als auch beim Versand von Päckchen. Hier sind die wichtigsten Punkte im Überblick.

Brexit: Was war da eigentlich los?

Das Thema Brexit ist natürlich ein ganz heißes Eisen, das auf der Insel zahllose Freundschaften zerstört hat und in Familien bis heute für Unfrieden sorgt. Es ist unvermeidlich, dass eine kurze Erklärung der Hintergründe parteiisch ausfällt. Die Brexit-Befürworter waren (und sind) der Ansicht, dass die EU viel zu häufig mit Vorschriften und Gesetzen in die Souveränität Großbritanniens reinpfuschte. Besonderer Zankapfel war dabei die garantierte Bewegungsfreiheit für EU-Bürger, die dafür sorgte, dass vor allem unzählige Osteuropäer auf die Insel strömten und die Einheimischen zum Beispiel bei Handwerkspreisen stark unterboten. Besonders erzkonservative Briten störten sich außerdem an der (eingebildeten) Tatsache, dass Deutschland die EU dominiere und somit auch Großbritannien. Kurioserweise habe ich diese Vorurteile zwar in vielen Gesprächen mit einem Brexit-Befürworter widerlegen können, doch an seiner Haltung hat sich nichts geändert.

Die Gegner des Brexits verweisen auf das wertvolle Gut der Bewegungs- und Handelsfreiheit und die Tatsache, dass Großbritannien als Teil einer größeren Union stärker ist. Da vor allem ältere Briten den Brexit befürworteten, während sich jüngere Briten für den Verbleib in der EU aussprachen, ist nicht auszuschließen, dass es irgendwann mit einem Generationswechsel auch zu einer Rückkehr in die EU kommt. Derzeit allerdings hat sich die Scheidung zu einer erbitterten Schlammschlacht zwischen den beiden Parteien entwickelt, die bis heute anhält und wohl auch in naher Zukunft noch für einigen Ärger sorgen wird.

Die Einreise nach Großbritannien nach dem Brexit

Der offizielle Austritt des Vereinigten Königreiches aus der EU erfolgte am 31.01.2020. Bis zum 31.12.2020 gab es eine Übergangsphase und seit dem 1. Oktober 2021 sind die endgültigen neuen Einreisebedingungen in Kraft. Die wichtigste Änderung dabei: Die Einreise mit dem Personalausweis nach Großbritannien ist nicht mehr möglich. Stattdessen muss ein Reisepass vorgelegt werden. Ein Visum ist für EU-Bürger bei regulären Kurzaufenthalten bis sechs Monate nicht erforderlich. Es ist weiterhin möglich, die sogenannten E-Gates an den Flughäfen zu nutzen. Die Einreise unterscheidet sich also derzeit nicht von der Einreise in andere Nicht-EU-Länder und da die E-Gates genutzt werden können, gehe ich davon aus, dass zumindest in naher Zukunft auch kein Stempel im Reisepass kommt.

Die Electronic Travel Authorization kommt

Manche Reisende kennen es bereits von den USA, Australien und anderen Nationen: Eine vorab auszufüllende digitale Reiseanmeldung, die zur Einreise in das betreffende Land verpflichtend erforderlich ist. Offiziell handelt es sich dabei nicht um ein kostenpflichtiges Visum, doch da eine Bearbeitungsgebühr erhoben wird, läuft es letztendlich darauf hinaus. Großbritannien plant die Einführung einer solchen Electronic Travel Authorization (ETA) bis 2025. Wie es genau aussehen wird und was es kosten wird, ist derzeit noch nicht klar.

Fakt ist außerdem, dass dies keine Einbahnstraße ist, denn die EU wird schon bis Ende 2022 ihr eigenes Programm ETIAS (European Travel Information and Authorization System) einführen. Reisende, die aus Drittländern in die Schengenzone einreisen, müssen dann ebenfalls vorab eine elektronische Anmeldung ausfüllen. Die Anmeldung soll 7 Euro kosten und drei Jahre lang gültig sein. Es ist also davon auszugehen, dass es bei der britischen ETA ähnlich sein wird.

Bis es so weit ist, wird die Einreise nach Großbritannien also kaum aufwendiger sein, als sie es bislang war, sofern ein Reisepass vorhanden ist.

Das Aus für Klassenfahrten

Ein vermutlich nicht ganz erwarteter Nebeneffekt des Brexit ist das traurige Aus vieler Klassenfahrten, Sprachreisen und Schulaustauschprogramme mit britischen Schulen. Warum? Bislang war die Einreise nach Großbritannien für Schulklassen mit einer sogenannten List of Travellers. Minderjährige Schüler:innen benötigten keine individuellen Reisedokumente, solange sie gemeinsam auf dieser Liste standen, die die erwachsenen Begleitpersonen vorlegten. Mit dem Brexit wurde diese Liste abgeschafft. Jede:r Schüler:in muss nun einen eigenen Reisepass vorlegen. Das Problem: Viele minderjährige Schüler:innen in den EU-Ländern besitzen keine EU-Staatsbürgerschaft, sondern die ihres Herkunftslandes. Gilt für dieses eine Visapflicht in Großbritannien, müssen sie ein (sehr teures) Visum besorgen. Viele Eltern können sich das schlicht nicht leisten oder wollen es nicht. Resultat: Die Nachfrage nach Klassenfahrten nach London und zu anderen Zielen im Vereinigten Königreich hat rasant nachgelassen. Ein Gewinner ist vor allem die Republik Irland, die als englischsprachiges EU-Land eine problemlose Einreise ermöglicht. Auch ich persönlich finde diese Entscheidung ebenso widersinnig wie traurig, denn meine allerersten Begegnungen mit der Insel, die eine lebenslange Liebe begründeten, erfolgten ebenfalls im Rahmen eines Schulaustauschs. Einen lesenswerten Artikel zu diesem Thema hat der linksliberale Guardian veröffentlicht.

Die Einreise nach Großbritannien und der Zoll

Ein wichtiger Grundpfeiler der EU ist der zollfreie Handel innerhalb der Union. Dieser hat sich mit dem Brexit für Großbritannien ebenfalls erledigt. Zu schätzen wissen mögen das einige, die sich in Duty Free Shops gerne mit teuren alkoholischen Getränken und ähnlichem eindecken. Doch für die meisten sind die neuen Zollbeschränkungen ein Ärgernis, da Großbritannien nun wie ein Drittland behandelt wird. Bei der Rückreise nach Deutschland per Flugzeug oder Schiff dürfen nur noch Waren im Wert von maximal 430 Euro zollfrei eingeführt werden. Ein Shoppingbummel in den Designerläden von London oder der Kauf hochwertiger Elektronik kann diese Grenzen sehr leicht sprengen.

Übrigens werden auch Internetbestellungen aus England jetzt ab einem Warenwert von 22 Euro teurer, da Einfuhrabgaben fällig werden. Das Gleiche gilt natürlich auch umgekehrt, wenn Päckchen aus Deutschland an englische Freunde verschickt werden sollen. Hier gelten Zollgrenzen von £39 für private Geschenke und £135 für kommerzielle Güter.

Daneben gibt es keine weiteren großartigen Änderungen. Die europäische Gesundheitskarte (EHIC) ist auch weiterhin in Großbritannien gültig, weil der NHS (National Health Service) schlicht und einfach kostenlos ist. Wer sich außerhalb der NHS privat behandeln lassen will, sollte jedoch eine Auslandskrankenversicherung abschließen, die die Kosten deckt. EU-Führerscheine und die Grüne Karte für Autofahrer werden weiterhin akzeptiert.

Unklar ist derzeit noch, wie sich die Lage beim Roaming entwickelt. Noch bestehen Abkommen, wonach die Mobilfunkanbieter wechselseitig kostenloses Roaming anbieten. Dies könnte sich aber schnell ändern. Es lohnt sich also, beim eigenen Mobilfunkanbieter nachzufragen und vor allem die Info-SMS zu lesen, die nach der Einreise in Großbritannien auf dem Smartphone eingeht.

Fazit: Die Einreise nach Großbritannien ist keine Hürde

Zusammenfassend lässt sich sagen: Für Besitzer eines Reisepasses ist die Einreise nach Großbritannien weiterhin völlig unkompliziert. Auch die Einführung der ETA im Jahr 2025 dürfte daran nichts ändern (basierend auf meinen Erfahrungen mit dem US-amerikanischen ESTA-System). Die einzige Stolperfalle sind die neuen Zollvorschriften, die einen ausgiebigen Shoppingbummel vermiesen können.

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