Die Stadt Plymouth an der Mündung des Tamar und des Plym ist von ihrer maritimen Tradition stark geprägt. Bis heute unterhält die britische Royal Navy hier die größte Marinebasis in ganz Westeuropa. Doch nicht nur für Liebhaber der Seefahrt lohnt sich ein Besuch.
Die Entwicklung von Plymouth
Die Region um den Plymouth Sound war schon in der Vorzeit besiedelt, wie zahlreiche Knochenfunde belegen. Später trieben die Kelten, Römer und Angelsachsen hier regen Handel mit der Außenwelt. Im Mittelalter war das höher gelegene Plympton am Ufer des Plym wichtigste Siedlung, ehe der Fluss an dieser Stelle versandete. Die Menschen zogen weiter nach Plym’s Mouth, der Mündung des Plym in eine weitläufige Bucht.
Schon aufgrund der exponierten Lage an der Südwestküste von England war der Hafen von Plymouth immer wieder beliebtes Ziel ausländischer Angreifer von bretonischen Piraten bis zur legendären spanischen Armada. Der wohl berühmteste Sohn der Stadt ist der Seefahrer und Pirat Sir Francis Drake, der im Auftrag von Queen Elizabeth I unterwegs war. Eine viel erzählte lokale Legende will wissen, dass Drake 1588 erst seelenruhig ein Boule-Spiel auf den Klippen von Plymouth Hoe beendete und auf besseren Wind und die Gezeiten wartete, ehe er mit seiner Flotte lossegelte um die spanische Armada mit ihren 130 Schiffen vernichtend zu schlagen.
Plymouth und die Pilgerväter
Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der Stadt war das Jahr 1620, als die Mayflower mit den Pilgervätern an Bord in Plymouth in See stach. Diese ließen sich in New Plymouth in Massachussetts nieder und gründeten dort die zweite permanente Kolonie in der neuen Welt.
Was den Amerikanern heute Plymouth Rock im Städtchen Plymouth südlich von Boston ist, sind die Mayflower Steps im Hafen des alten Plymouth in England. Das benachbarte Mayflower Museum erinnert an jene Überfahrt, wobei heute gerne vergessen wird, dass die Pilgerväter seinerseits England aufgrund ihres radikalen, engstirnigen religiösen Fanatismus verlassen mussten und nicht als mutige Entdecker über den Atlantik segelten.
Die Neuzeit
Im englischen Bürgerkrieg stand Plymouth auf der Seite der Parlamentarier und war Schauplatz heftiger Auseinandersetzungen. Die siegreichen Königstreuen pflanzten der Stadt ab 1665 die Royal Citadel auf, deren Kanonen nicht nur nach außen auf den Plymouth Sound gerichtet waren, sondern auch nach innen auf die Stadt – als Warnung, es sich nicht mit der Monarchie zu verscherzen.
Ab dem späten 17. Jahrhundert entstanden neue Docks für die wachsende Flotte der Royal Navy, die bis heute größter Arbeitgeber der Stadt geblieben ist. Einer der berühmtesten Gäste war unfreiwillig der in Waterloo besiegte Napoleon Bonaparte, der auf der HMS Bellerophon zwei Wochen im Hafen von Plymouth wartete, ehe ihn das Schiff ins endgültige Exil auf St Helena brachte.
Die riesigen Dockyards machten die Stadt zu einem bevorzugten Ziel für Hitlers Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg. Beim Plymouth Blitz wurden auch zahlreiche zivile Bauten zerstört und über 1.000 Zivilisten getötet. Im Juni 1944 starteten dafür viele der britischen und amerikanische Kriegsschiffe von hier in Richtung Normandie.
Der Hafen von Plymouth
Teile der weitläufigen Dockyards sind bis heute militärisches Sperrgebiet. Die HMNB Devonport westlich der Innenstadt ist ist die größte Marinebasis Westeuropas und der wichtigste Arbeitgeber der Stadt Plymouth. Frei zugänglich ist dagegen der Küstenstreifen zwischen Devil’s Point im Westen und der Barbican genannten Altstadt im Osten.
Hier erstrecken sich die hohen Klippen von Plymouth Hoe (im Bild oben zu sehen), auf denen sich einst die Bevölkerung versammelte um Schiffe zu verabschieden oder nach rückkehrenden Schiffen Ausschau zu halten. Die überbreite und von Statuen und Memorials gesäumte Hoe Promenade hat leider etwas von Landebahn an sich, doch auf den Grasflächen lässt es sich schön entspannen und picknicken.
Ein Muss sind die öffentlich zugänglichen Bereiche der Royal Citadel, die den Hafen überwacht. Gleich neben der Zitadelle befinden sich der markante Leuchtturm Smeaton’s Tower, einer der drei Eddystone Leuchttürme, die Schiffe vor den gefährlichen Eddystone Rocks vor der Küste warnen, und der wunderschöne Tinside Lido. Das in die Felsen gehauene restaurierte Schwimmbad im Art Deco Stil lädt im Sommer zum Schwimmen vor einzigartiger Kulisse ein.
In der Barbican genannten Altstadt weht noch ein maritimer Hauch vergangener Zeiten durch die engen Gassen, als hier Fischer, Handwerker und die Familien der Matrosen und Kapitäne wohnten. Zu den Sehenswürdigkeiten gehören einige alte Häuser aus der elizabethanischen Zeit und die Plymouth Gin Distillery, die bei einer Tour besichtigt werden kann. Außerdem legen hier die Ausflugsboote zu Rundfahrten durch den Plymouth Sound ab.
Weitere Attraktionen in der Stadt
Da die Stadt stark auf das Meer und die Marine ausgerichtet ist, hat sie ansonsten auch nicht viel zu bieten. Von Plymouth Hoe führt der breite Armada Way ins Stadtzentrum mit der üblichen Ansammlung von englischen Ketten und endet im Norden in der Nähe des Bahnhofs. Am östlichen Ende der Querstraße Royal Parade liegt die Ruine der Charles Church, die beim Plymouth Blitz zerstört wurde und als Mahnmal stehen blieb.
Für Familien lohnt sich das National Marine Aquarium am Hafen mit zahlreichen Meeresbewohnern. Das Kulturzentrum The Box beim Bahnhof umfasst das Stadtmuseum von Plymouth, das vor allem die Entwicklung der Stadt und des Hafens schildert, und eine Kunstgalerie.
Eine wichtigere Adresse für Kunstfreunde ist jedoch Saltram House in Plympton am Ostufer des Plym. Das prachtvolle Landgut wurde im frühen 18. Jahrhundert erbaut und gilt als eines der schönsten Beispiele frühgeorgianischer Architektur. Seine Räume enthalten über hundert wertvolle Gemälde und andere Dinge, die die schwerreichen Besitzer über Jahrhunderte zusammentrugen.
Heute wird das Haus vom National Trust verwaltet, der £8.00 Eintritt (Erwachsene) nimmt. Leider ist es ohne Auto nicht leicht zu erreichen. Wer kein Geld für ein Taxi ausgeben will, der kann per Fahrrad oder zu Fuß über die Laira Bridge über den Plym dorthin gelangen.
Aktivitäten rund um Plymouth
Die nähere Umgebung von Plymouth lässt sich gut auf Wander- und Radwegen erkunden. Mit der Cremyll Ferry geht es über die breite Mündung des Tamar nach Mount Edgcumbe House mit seinen prächtigen Gärten. Das Landgut wurde im 16. Jahrhundert mit einem weitläufigen Park für Hirsche und Rehe angelegt, deren Nachfahren bis heute durch die bezaubernden Gärten streifen.
Rame Head mit der St Michael’s Chapel an der äußersten Spitze der Halbinsel Rame bietet einen unschlagbar schönen Ausblick. Für die Seefahrer, die über Jahrhunderte von Plymouth aus in See stachen, war es das letzte Stückchen England, das sie sahen.
Schöne Strände suchen Ausflügler am Plymouth Sound leider vergeblich. Am Mount Batten Breakwater befindet sich das Sports & Activity Center, an dem Gäste Kanus und Stand-Up-Paddelboards mieten können. Wer mag, kann sich auch geführten Kanutouren im Plymouth Sound anschließen.
Praktische Tipps zu Plymouth
Ein Tag ist eigentlich ausreichend, um die Highlights von Plymouth zu erleben. Die Stadt eignet sich darum gut für einen Zwischenstopp auf dem Weg ins südliche Cornwall um Penzance, als Tagesausflug von Seebädern wie Torquay oder in Kombination mit dem Dartmoor National Park.
Eine Zugfahrt von London aus dauert etwa 3 Stunden und 15 Minuten. Daneben besteht theoretisch die Möglichkeit der direkten Anreise von Deutschland aus über Frankreich. Von Roscoff in der Bretagne setzen regelmäßig die drei Fähren von Brittany Ferries über den Kanal.
Wie es sich für eine touristisch geprägte maritime Stadt gehört, bietet Plymouth eine Fülle verschiedener Übernachtungsmöglichkeiten. Am preislich unteren Ende liegen die für England typischen Ketten wie Travelodge und Premier Inn. Eine historische Adresse ist das Duke of Cornwall Hotel an der Citadel Road nahe Plymouth Hoe. Es wurde 1863 als erstes Luxushotel in Plymouth überhaupt eröffnet und strahlt bis heute viktorianischen Charme aus. Wer es moderner mag, kann das Crowne Plaza am Armada Way mit unverstelltem Blick über Plymouth Hoe auf den Ärmelkanal wählen.
Erwähnenswert ist auch Boringdon Hall, ein prächtiges Landgut aus dem 16. Jahrhundert, in dem schon Queen Elizabeth I und Sir Walter Raleigh nächtigten. Es liegt einige Kilometer außerhalb von Plymouth bei Plympton und bietet neben jedem erdenklichen Luxus ein riesiges Spa mit Innenpool und einen Golfplatz.