Wimbledon: Englands erste Tennisadresse

Die Wimbledon Championships sind das älteste und prestigeträchtigste Tennisturnier der Welt. Wer einmal als Zuschauer dabei sein will, der muss tief in die Tasche greifen – oder früh aufstehen.

Die Wimbledon Championships

Schon der Name Wimbledon löst bei Tennisspielern und -fans Ehrfurcht aus und die Turnierplätze werden auch mal gerne als heiliger Rasen bezeichnet. Teil der Legende sind vor allem die herrlich altbackenen Vorschriften des Turniers und die vielen Traditionen rund um den Platz.

Das allererste Tennisturnier wurde 1877 vom All England Lawn Tennis and Croquet Club veranstalten, der sich erst neun Jahre zuvor gegründet hatte und auch heute noch als Tennisverein existiert. Zu diesem Zeitpunkt wurde Tennis noch durchweg in speziellen Innenräumen gespielt. Ein gewisser Major Walter Clopton Wingfield kam 1876 auf die Idee, das Spiel draußen auf einen Rasen zu verlegen und begründete so das „Lawn Tennis“. Schon im folgenden Jahr wurde im Londoner Vorort Wimbledon, dem Sitz des Vereins, das erste Turnier ausgetragen. Damit gelten die heutigen Championships als ältestes durchgängiges Tennisturnier der Welt.

Bis heute ist es eines der vier Grand Slam Turniere, der größten Tennisturniere der Saison. Die anderen sind die Australian Open, die French Open und die US Open. Auf das heutige Gelände an der Church Road von Wimbledon zog der All England Lawn Tennis and Croquet Club im Jahr 1922 um, damit mehr Zuschauer die immer beliebter werdenden Tennisturniere sehen konnten. Seitdem wurde das Gelände mehrmals erweitert, umgebaut und modernisiert. Croquet wird übrigens schon lange nicht mehr gespielt, doch der volle Name bleibt aus sentimentalen Gründen erhalten.

Eintrittskarten für Wimbledon beschaffen

Einfach so Tickets für ein Tennisspiel des eigenen Lieblingsspielers kaufen? So einfach ist es leider nicht. Schon seit 1924 werden die Eintrittskarten nämlich unter den Interessenten per Public Ballot verlost. Die Registrierung ist meist von September bis Ende Dezember im Portal myWimbledon möglich. Ab Mitte Februar werden die erfolgreichen Gewinner der Auslosung benachrichtigt und können ihre Tickets kaufen. Allerdings gibt es keine Möglichkeit, bestimmte Tage oder Plätze zu wählen. Wer seine Option nicht nutzen will, kann sie zurückgeben. Daneben gibt es einige offizielle Tickethändler, die überteuerte Tickets und Hospitality Packages verkaufen und natürlich einen florierenden Schwarzmarkt. Weitere Informationen zum Vorverkauf per Public Ballot gibt es auf der offiziellen Website der Championships.

Es gibt jedoch noch eine andere Möglichkeit, die zu den liebenswerten und leicht verrückten Eigenheiten von Wimbledon gehört: The Queue. Hier zeigen die Engländer wieder einmal, dass sie Weltmeister im Schlangestehen sind. Jeden Tag werden etwa 500 Tickets für die drei wichtigsten Tennisplätze (Centre Court, Court 1 und Court 2) in den freien Verkauf gegeben, sowie 6000 Ground Tickets, die Zugang zum Gelände und den weniger wichtigen Plätzen ermöglichen.

So funktioniert The Queue in Wimbledon

Wer unbedingt die Stars auf den großen Plätzen (Show Courts) sehen will, sollte schon im Morgengrauen (gegen 4 Uhr)  in Wimbledon aufschlagen. Wobei die Nachfrage auch davon abhängt, wer spielt. Steht ein britischer Star wie Andy Murray auf dem Platz, übernachten die Engländer auch schon mal im Zelt, um morgens eine Spitzenposition in der Schlange zu haben. Für die Ground Tickets reicht es meist auch, am frühen Morgen (so gegen 6 Uhr!) anzukommen.

Damit alles geregelt verläuft, verteilen Ordner Karten mit Datum und Nummer für diejenigen, die auf die großen Plätze wollen. So kann sich später niemand vordrängeln und auch Einzelbesucher haben die Möglichkeit, zwischendurch mal zur Toilette zu gehen.

Gegen 9.30 Uhr öffnet das Gelände und die ersten glücklichen Ticketbesitzer werden hineingelassen. Ab jetzt bewegt sich die Schlange auch langsam vorwärts. Allerdings darf sich immer nur eine bestimmte Zahl Personen gleichzeitig auf dem Gelände aufhalten. Ist es voll, werden erst wieder Ground Tickets verkauft, wenn Leute gegangen sind.

Ein Tipp: Ab 17 Uhr sind Ground Tickets billiger und nun geht es meist auch schneller. Wer nur einmal kurz Turnierluft schnuppern will, der sollte also erst am späten Nachmittag kommen.

Und noch ein Tipp aus eigener Erfahrung: Nicht nur an Wasser und Lesestoff oder andere Unterhaltung denken, sondern auch an Sonnenschutz. Die Warteschlange windet sich über eine weitläufige und schattenlose Rasenfläche. Knallt die Sonne vom wolkenlosen Himmel, wird es ohne körperbedeckende Kleidung und Sonnenhut schnell ungemütlich. Wenn es Bindfäden regnet, sind wiederum Regenstiefel ein nützliches Accessoire neben dem Regenschirm.

Was es sonst noch über Wimbledon zu wissen gibt

Für die Tennisspieler und -spielerinnen gilt bis heute ein strikter Dress Code: Mindestens 90% der Tenniskleidung muss weiß sein. Zuschauer können natürlich tragen was sie wollen, allerdings sollte es zumindest auf den Show Courts schon gehobene Kleidung wie lange Hosen sein und kein Schlabberlook mit Shorts und verwaschenem T-Shirt.

Erdbeeren gehören zu Wimbledon wie The Queue und die gelegentliche Regenpause. Seit 2010 sind die Preise stabil geblieben: Eine Schale mit 10 Erdbeeren und Sahne kostet £2.50. Das ist zwar nicht billig, gehört aber dazu. In einem einzigen Turnier werden über 190.000 Schalen Erdbeeren verkauft. Daneben gibt es natürlich noch eine ganze Menge mehr zu essen von Sandwiches bis zu Fish & Chips. Zu den Erdbeeren trinkt der englische Tennisfan übrigens Pimm’s, einem dem Gin ähnelnden Gebräu, das zum Pimm’s Cup mit Zitronenlimonade und allerhand Grünzeug wie Orangen, Zitronen, Äpfeln, Gurken und etwas Minze verrührt wird.

Wimbledon außerhalb des Turniers

2006 wurde auf dem Gelände das neue Wimbledon Lawn Tennis Museum eröffnet. Es gibt Tennisfans die Möglichkeit, auch außerhalb der beiden Turnierwochen einen Blick auf das Turniergelände zu werfen und den Centre Court zu besuchen. Die Ausstellungen widmen sich dem Tennisspiel im Allgemeinen und natürlichen den Championships in Wimbledon im Besonderen.

Ein besonderer Leckerbissen ist The Tour – ein geführter Rundgang über die Tennisplätze und zu ansonsten unzugänglichen Orten wie dem Pressezentrum, dem BBC Studio und dem Spielereingang.

Wie komme ich nach Wimbledon?

Die einfachste Möglichkeit ist die Anfahrt mit der Londoner U-Bahn bis zur Station Southfields (District Line). Von hier führt die Wimbledon Park Road (die in die Church Road übergeht) schnurgerade auf das Gelände zu. Vor allem The Queue ist von hier am schnellsten zu erreichen, denn die Warteschlange beginnt am nördlichen Ende des Wimbledon Park, dort wo die Woodspring Road in die Wimbledon Park Road einmündet. Hier gibt es eine riesige Rasenfläche, auf der sich die Wartenden tummeln, und öffentliche Toiletten. Ein Tipp: Wer etwas vergessen hat, kann sich in der M&S Food Hall gegenüber der U-Bahn-Station noch mit Verpflegung eindecken.

Etwas schneller als mit der District Line geht es mit der normalen Bahn zum Bahnhof Wimbledon. Dieser liegt mitten im eigentlichen Ort Wimbledon. Dieser hat jedoch eigentlich nicht viel zu bieten, denn ohne das legendäre Tennisturnier ist er eigentlich auch nur ein recht teurer und langweiliger Vorort von London.