Die Londoner U-Bahn

​Jeder Tourist kommt früher oder später mit ihr in Berührung. Die „Tube“ genannte Londoner U-Bahn ist das Hauptbeförderungsmittel der Metropole und transportiert täglich sagenhafte zwei Millionen Menschen. Zum Glück gehört sie auch zu den am einfachsten zu navigierenden U-Bahn-Systemen der Welt.

Nicht alles ist U-Bahn

Ein Blick auf den Netzplan, der in jedem Touristenführer, auf Stadtpläne und natürlich in jeder Station zu finden ist, offenbart ein ausgesprochen dichtes Netz an Linien. Allerdings gehören diese nicht alle direkt zur Londoner U-Bahn – was für Touristen keinen Unterschied macht, da die Fahrscheine auch dort gelten.

Die offiziellen U-Bahn-Linien in London sind:

• Bakerloo (braun)
• Central (rot)
• District (grün)
• Circle (gelb)
• Hammersmith & City (rosa)
• Jubilee (grau)
• Metropolitan (violett)
• Northern (schwarz)
• Piccadilly (blau)
• Victoria (hellblau)
• Waterloo & City (hellgrün)

Sie alle sind am klassischen (und weltweit häufig kopiertem) Logo zu erkennen, dem sogenannten Roundel, das aus einem roten Kreis und einem blauen Querstreifen besteht, in dem in Weiß entweder UNDERGROUND steht oder der Name der jeweiligen Station. NICHT zur Underground gehören die verschiedenen Bahnen in den Außenbezirken von London (man könnte eventuell sagen, sie unterscheiden sich wie hier U-Bahnen und S-Bahnen).

• Die London Overground (oranges Roundel) fährt überirdisch vor allem im Norden und Osten von London und ist an ihrem orangen Roundel zu erkennen.

• Die Docklands Light Railway (grünes Roundel) ist eine automatisierte Bahn, die vor dem die Geschäftsbezirke City und Docklands im Osten miteinander verbindet.

Da die Eisenbahn in England privatisiert ist, gibt es dazu eine ganze Reihe Eisenbahngesellschaften, die London mit dem Rest des Landes verbinden. Diese sind Thema eines anderen Textes.

Wichtig zu wissen: London Underground, London Overground und Docklands Light Railway lassen sich alle mit der Oyster Card nutzen. Bei den regulären Nahverkehrszügen trifft dies nur eingeschränkt zu.

Crossrail: Die Elizabeth Line

Was den Deutschen der Berliner Flughafen, ist den Londoner die Elizabeth Line. Ursprünglich sollte die neue unterirdische Bahnlinie quer durch London 2018 eröffnet werden und 14,8 Milliarden Pfund kosten. Mittlerweile wird angepeilt, zumindest den mittleren Abschnitt 2022 zu eröffnen. Die Kosten liegen mittlerweile bei 18,7 Milliarden. Ursprünglich hörte das Projekt auf den Namen Crossrail, mittlerweile trägt es zu Ehren der Queen den Namen Elizabeth Line. Trotz des Namens ist die Elizabeth Line keine neue U-Bahn-Linie – sie wird ein violettes Roundel haben. Wir werden ihr eigenen Beitrag widmen, wenn sie denn tatsächlich mal eröffnet wird.

Die Oyster Card

Anders als in Deutschland gibt es in England kein System des Vertrauens oder mobile Fahrscheinkontrollen. Um zu den Bahnsteigen zu gelangen, müssen Fahrgäste Barrieren passieren, die sich nur mit Fahrkarten öffnen lassen.

Touristenführer empfehlen immer wieder irgendwelche Travelcards für die Londoner U-Bahn zu kaufen oder vorzubestellen. Ich persönlich halte das für Quatsch. London stieg bereits zu Beginn des neuen Jahrtausends in ein neues fahrscheinloses Zeitalter ein und erfand die sogenannte Oyster Card, eine wiederaufladbare Plastikkarte. Die „Pay as you go“ Oyster Card kann an zahllosen Automaten in allen größeren U-Bahnhöfen gekauft werden, zum Beispiel auch in Heathrow gleich nach der Ankunft. Dabei wird ein Pfand von £5.00 fällig, das bei der Rückgabe der Karte auf die Kreditkarte erstattet wird.

Nach dem Kauf muss die Oyster Card aufgeladen werden. Dazu wird sie an das gelbe runde Lesegerät am Fahrscheinautomaten gehalten. Der Bildschirm zeigt nun den aktuellen Kontostand an und eine Reihe an „Top Up“-Möglichkeiten. Gut zu wissen: Mit Oyster Card zahlen Besucher grundsätzlich nicht mehr als sie mit einer „One Day Travelcard“ zahlen würden. Die Deckelung (Cap) hängt von den Tarifzonen ab und vom Zeitpunkt der Nutzung. Ab etwa 9.30 Uhr morgens gilt der wesentlich günstigere „Off-Peak“-Tarif. Der maximale Tagestarif für die Benutzung der U-Bahn in der Zone 1-2 (Central London) zum Off-Peak-Tarif beträgt beispielsweise £7.40, was für die in London gebotene Leistung des U-Bahn-Netzes unschlagbar günstig ist. Wer also vier Tage in London verbringt, sollte mit etwa £30 Guthaben planen.

Die aufgeladene Oyster Card wird an das gelbe Lesegerät an der Zugangsbarriere gehalten, damit sich diese öffnet. Beim Verlassen der U-Bahn-Station am Ziel muss die Karte wieder genutzt werden. Kaum etwas macht Londoner übrigens so fuchsteufelswild wie Touristen, die erst an den Schranken ihre Oyster Card herausfummeln und so den Verkehr aufhalten. Aus Rücksichtnahme auf die Einheimischen sollte die Karte schon im Eingangsbereich der U-Bahn-Station herausgenommen werden und auf dem Rückweg spätestens auf der Rolltreppe nach oben.

Oyster Card für die Londoner U-Bahn

Contactless

Mittlerweile ist die Oyster Card auf dem Rückzug. Immer mehr Londoner nutzen ganz einfach ihre Kreditkarte oder das Smartphone für „Contactless Payment“, also kontaktloses Zahlen. Dabei wird die Karte oder der Bildschirm an die Lesegeräte gehalten. Es ist dabei nicht nötig, die Kreditkarte jedes Mal aus dem Portemonnaie zu holen. Der Chip lässt sich auch durch dünnes Leder lesen.

Für ausländische Besucher kommt natürlich jedes Mal noch die ärgerliche Kreditkartengebühr hinzu, weswegen ich selbst noch an meiner viel genutzten Oyster Card festhalte. Aber gerade Erstbesucher, die erst mal nur von Heathrow oder von einem Bahnhof aus zum Hotel kommen wollen, können diese Option nutzen und sich später in Ruhe mit dem Oyster System anfreunden.

In der U-Bahn

Die Londoner U-Bahn macht die Orientierung leicht. Gibt es mehrere Linien an einer Haltestelle, sind diese deutlich ausgeschildert. Es ist sehr hilfreich, sich die Farben der einzelnen Linien zu merken. Dazu finden sich an den unteren Enden der Rolltreppen und Treppen hilfreiche Schilder, die alle verbleibenden Haltestellen Westbound | Eastbound, bzw. Northbound | Southbound anzeigen. Ein bisschen Geografie ist dabei natürlich hilfreich. Wer beispielsweise schon weiß, dass sich der Tower im Osten des Zentrums befindet, weiß, dass er die U-Bahn in Richtung Osten (Eastbound) nehmen muss.

Wichtig: Nur wenige Londoner U-Bahn-Stationen sind komplett barrierefrei! Diese sind im Netzplan daran zu erkennen, dass die Haltestelle kein weißer Kreis ist, sondern ein blauer Kreis mit Rollstuhl. Auch für Fahrgäste mit Kinderwagen oder schweren Koffern kann die U-Bahn ein mühsamer Hindernislauf sein.

Ein kurzes Wort zur U-Bahn-Etikette: Londoner mögen es ganz und gar nicht, in der U-Bahn angesprochen oder auch nur angestarrt zu werden. Heute vertiefen sich die meisten Menschen in ihre Smartphones, lesen ein Buch oder eine Zeitung oder dösen einfach vor sich hin. Wer unbedingt eine Auskunft braucht, sollte sich an die Mitarbeiter der Underground wenden, die in jeder Station zu finden sind.

Kuriosum am Rande

Was dem uneingeweihten Besucher größtenteils nicht auffällt, ist die Tatsache, dass die U-Bahn-Linien verschiedene Sitzpolster haben. Der verwendete Stoff nennt sich Moquette und die Muster sind eine Beleidigung für jeden Geschmacksnerv. Besonders auffällig ist der „Barman“ genannte Stoff mit den roten Kreisen auf blauem Hintergrund, der u.a. in der Central Line genutzt wird. In der Piccadilly Line dominieren bunte Quadrate und in der Victoria Line weiße Vs und rote Punkte. Für echte Fans gibt es Dekokissen mit allem Moquette-Mustern im London Transport Museum.

Die Geschichte der Londoner U-Bahn

Die erste unterirdische Bahnstrecke der Welt wurde im Januar 1863 zwischen den Bahnhöfen Paddington und Farringdon in Betrieb genommen. Kaum vorstellbar ist heute, dass die ersten Züge damals noch von Dampfloks gezogen wurden, die entsprechenden Qualm in den Tunneln und Bahnhöfen verbreiteten. Schon bald wuchs das Netz der damals noch Metropolitan Railways genannten Gesellschaft um zahlreiche Bahnhöfe und Linien.

Im 19. Jahrhundert wurde noch die sogenannte Cut and Cover Methode verwendet, bei der einfach Gräben in den Boden gebuddelt und später überdacht wurden. Erst ab 1883 wurden für die City and South London Railway zum ersten Mal echte Tunnel durch den Londoner Erdboden gebohrt. Sie sind heute Teil der Northern Line. Als 1902 die ersten Linien elektrifiziert wurden, entstand auch die Underground Electric Railways Company of London Limited, aus der die bis heute gültige offizielle Bezeichnung London Underground hervorging. Zu dieser Zeit entstand auch der Vorläufer des heutigen weltberühmten (und unzählige Male adaptierten) Roundels.

Im Laufe des 20. Jahrhunderts wuchs das U-Bahn-Netz immer weiter und ist noch lange nicht am Ende angelangt. Erst 2021 eröffnete die neueste (privat finanzierte) Verlängerung der Northern Line, um das exklusive Neubaugebiet Nine Elms südlich der Themse an das Netz anzuschließen.

Weitere Informationen zu den Tarifzonen, Preisen und Fahrzeiten, die Streckennetzpläne der Londoner U-Bahn und vieles mehr gibt es auf der Website von Transport for London.

Einzigartige Blicke hinter die Kulissen, Spaziergänge durch verlassene Bahnhöfe oder stillgelegte Bereiche ermöglichen die Hidden Tours des London Transport Museums. Sie lohnen sich unbedingt.

 

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