Durham: Weltkulturerbe im hohen Norden

Das südlich von Newcastle gelegene Durham ist eine häufig übersehende Perle in Nordengland, die mit gleich zwei Weltkulturerbestätten aufwarten kann: Der Burg und der Kathedrale. Höchste Zeit für eine Erkundungstour.

Schon die Lage der Altstadt von Durham an einer engen Schleife des Wear beeindruckt. An der Spitze der Landzunge thront die mächtige weithin sichtbare Kathedrale, die die Skyline der Stadt prägt. Um ihre Entstehung rankt sich eine schöne Legende.

Die Legende von Durham und Saint Cuthbert

Die Geschichte von Durham ist untrennbar mit der des heiligen Cuthbert verbunden. Dieser war im 7. Jahrhundert zum ersten Bischof der heiligen Insel Lindisfarne gewählt worden, zog sich jedoch zwei Jahre später als Einsiedler zurück, um in Ruhe zu sterben. Ruhe fand er jedoch nach dem Tod und der Bestattung auf Lindisfarne keine. Erst spukte er König Alfred The Great durch die Träume und forderte ihn auf, die Wikinger loszuwerden, später vollbrachte er in Northumberland das ein oder andere Wunder.

Als die Wikinger wieder einmal über Lindisfarne herfielen, buddelten die Mönche den Sarg von St Cuthbert wieder aus und brachten ihn zunächst nach Chester-le-Street und später nach Ripon. Im Jahr 995 blieb die Bahre mit seinem Sarg auf einem Hügel stecken und rührte sich nicht mehr. St Cuthbert persönlich teilte einem Mönch namens Eadmer mit, er wollte in „Dun Holm“ bestattet werden.

Auf der Suche nach diesem unbekannten Ort trafen die Mönche auf eine Magd, die ihre verschwundene „Dun Cow“ suchte, also eine graubraune Kuh. Zuletzt war sie in Dun Holm gesichtet wurden. Die Mönche folgten ihr zu einem hohen Felsen, der an drei Seiten vom Wear umflossen wurden und beschlossen, ihren gesprächigen Heiligen dort zu beerdigen. Die erste steinerne Kirche wurde 998 erbaut und um sie herum entstand Durham.

Ein letztes Wunder vollbrachte Cuthbert übrigens im Zweiten Weltkrieg: Angeblich blieb Durham von den Angriffen der deutschen Luftwaffe verschont, weil der Heilige seine Stadt rechtzeitig in dichten Nebel hüllte.

Die Entwicklung von Durham

Der Schrein von Saint Cuthbert war im frühen Mittelalter die wichtigste Pilgerstätte Englands, ehe ihr Canterbury mit dem gemeuchelten Thomas Beckett 1170 den Rang ablief. Neben Cuthbert fand hier auch Saint Bede seine letzte Ruhe. Der englische Mönch gilt vielen als Vater der englischen Geschichte, da er die Zeit zwischen dem 7. und 9. Jahrhundert schriftlich in seiner umfangreichen Historia Ecclesiastica festhielt.

Nachdem die Schotten im Norden immer aufmüpfiger wurden, errichteten die Normannen außerdem eine mächtige Trutzburg neben der Kathedrale, die zugleich als Bischofssitz diente. Die Bischöfe von Durham waren die einzigen, die sich Prince-Bishops nennen durften. Heute gehören große Teile des Komplexes auf der Landzunge zur Universität von Durham.

Das moderne Durham

Wie der gesamte Nordosten von England war auch Durham im 20. Jahrhundert stark vom Rückgang der Kohleförderung in der Region und damit von hoher Arbeitslosigkeit betroffen. Lediglich die Universität wuchs immer weiter.

1968 wurde das gesamte Zentrum von Durham unter Denkmalschutz gestellt und verhinderte so den Wildwuchs hässlicher Neubauten, die so viele andere englische Stadtzentren dominieren. 1986 wurde der Komplex mit der Kathedrale und der Burg zum Weltkulturerbe der UNESCO erklärt und sorgten so für einen regelmäßigen Touristenstrom.

Durham Cathedral

Es lohnt sich, einen ganzen Tag für Durham einzuplanen. Der Besuch beginnt am besten in der Kathedrale von Durham an der Spitze der Landzunge, die an drei Seiten vom Wear umflossen wird. Durham Cathedral gilt als eines der schönsten und am besten erhaltenen Beispiele für die Architektur der Normannen im Mittelalter.

Von größter Bedeutung ist das vermutlich älteste Kreuzrippengewölbe der Welt, das hier erstmals erbaut und später in ganz Europa kopiert wurde. Der Innenraum an sich ist ansonsten eher schmucklos, wirkt aber gerade dadurch besonders reizvoll. Wichtigste Sehenswürdigkeit ist bis heute der Schrein von St Cuthbert, der noch immer von christlichen Pilgern besucht wird.

Die Kathedrale diente außerdem schon mehrfach als Drehort für Filme und Fernsehserien, unter anderem in den beiden ersten Harry Potter Filmen und zuletzt in Avengers: Endgame als Asgard.

Besonders erfreulich ist die Tatsache, dass der Eintritt in die Kathedrale selbst kostenlos ist – eine Seltenheit in England. Für die Besteigung des Central Towers werden £5.50 Eintritt (Erwachsene) verlangt, doch dies ist es unbedingt wert, denn von oben bietet sich (sofern es das oft gruselige Wetter in Nordengland erlaubt) ein wunderschöner Blick über die gesamte Stadt und das Umland.

Durham Castle

Nur durch das Palace Green von der Kathedrale getrennt liegt Durham Castle, ein typisch normannischer „Motte and Bailey“ Bau mit einer inneren Burg (der Motte) und einem sie umgebenden Schutzwall (dem Bailey). Erster Bewohner war der erste Prince-Bishop William Walcher im Jahr 1071, der sich den Titel des Earl of Northumbria gekauft hatte.

Bis 1832 diente Durham Castle als Wohnsitz der Bischöfe von Durham, ehe sie nach Auckland Castle umzogen. Seither werden die Räume von der Universität von Durham genutzt und nur Teile der Burg stehen Besuchern zur Besichtigung offen. Zu den Highlights gehören die normannische Kapelle aus dem 11. Jahrhundert und die luxuriöse Tunstall Gallery, ein großer Prunkraum in dem die Bischöfe früher Besucher empfingen.

Zwei weitere Orte, die sich lohnen, sind die Palace Green Library und das Museum of Archaeology, die beide von der Universität betrieben werden und reizvolle Ausstellungen bieten. Das Durham Museum an der Ecke North Bailey / Bow Lane ist ein nettes Museum, das die Geschichte der Stadt von ihren mittelalterlichen Anfängen über das industrielle Zeitalter bis heute erzählt.

Die mit Restaurants und Cafés gesäumte Saddler Street lädt anschließend zu einer längeren Pause an, ehe die Sightseeing Tour auf dem mittelalterlichen Market Place endet. Hier lohnt sich unbedingt ein Streifzug durch die überdachte Markthalle mit ihren vielen inhabergeführten Ständen, die Lebensmittel, Kunsthandwerk und Antiquitäten feilbieten.

Was Durham noch so bietet

Die schönsten Postkartenbilder von Durham Cathedral (siehe oben) gelingen von der South Street westlich der Innenstadt. Wer mag, der geht von hier aus noch einen Kilometer weiter zum modernen weitläufigen Gelände der Durham University im Süden des Zentrums. Nicht nur für Asienlieber ist das Oriental Museum mit Ausstellungsstücken aus ganz Nordafrika und Asien von Ägypten bis China, Japan und Südostasien einen Besuch wert.

Der Bergbau, der die Region so lange prägte, wird in Durham selbst kaum gewürdigt. Wer mehr darüber erfahren will, sollte einen Ausflug ins preisgekrönte Beamish Museum nördlich von Durham bei Chester-le-Street unternehmen.

Eine andere Option ist das wesentlich kleinere Horden Colliery Heritage Centre im gleichnamigen Ort bei Peterlee. Dieses hat den Vorteil, das es direkt am Meer liegt und bei schönem Wetter mit einem langen Spaziergang der windigen Durham Heritage Coast verbunden werden kann.