Die englische Südostküste ist für ihre steil aufragenden weißen Kreidefelsen berühmt. Meist werden sie in einem Atemzug mit Dover genannt, weil die meisten Neuankömmlinge (und Reiserückkehrer) sie von der Fähre Richtung Dover aus als Erstes sehen. Zweifellos ist Dover auch ein lohnenswertes Ausflugsziel, doch wer den Kreidefelsen einen Besuch abstatten will, findet dafür bessere Ziele. Zum Beispiel das Seebad Eastbourne, das als Ausgangspunkt für eine Wanderung nach Beachy Head dient.
Eastbourne im Aufwind
Wie alle Seebäder an der englischen Küste musste Eastbourne über viele Jahre einen schleichenden Verfall hinnehmen. Dazu hatte es einen Ruf als Rentnerparadies inne, da sich viele englische Rentner dort zur Ruhe setzten. In den letzten Jahren hat jedoch eine Verjüngung eingesetzt. Zum einen lockt Eastbourne ausländische Sprachschüler an, zum anderen lassen sich mehr Familien mit Kindern in der Stadt nieder und pendeln von dort nach London oder Brighton.
Entlang der Grand Parade erinnern heute noch viktorianische Luxushotels wie das beeindruckende Grand Hotel an die große Zeit Eastbournes. Um die Stadt soll es hier nicht gehen, auch wenn eine Übernachtung nach der Wanderung unbedingt empfehlenswert ist. Vom Bahnhof Eastbourne oder von der Grand Parade aus geht es in etwa 20 Minuten zu Fuß zum Ausgangspunkt für den South Downs Way Richtung Beachy Head. Wer seine Kräfte sparen will, nimmt den Bus zur Haltestelle St. Bede’s School. Hinter der Schule gibt es einen kleinen Kiosk, an dem man sich auch noch Last Minute mit Wasser und eventuell Snacks eindecken kann. Ganz wichtig: Schatten ist entlang der Kreidefelsen absolute Mangelware und durch den Seewind bemerkt man die Sonneneinstrahlung oft nicht. An sonnigen Tagen unbedingt eine Kopfbedeckung mitnehmen!
Die Wanderung nach Beachy Head
Der Aufstieg beginnt hinter dem Kiosk mit einem sehr steilen Abschnitt, an dem es heißt, Kräfte einteilen. Anschließend dauert es etwa eine halbe Stunde, bis sich auf Höhe des Denkmals für die RAF-Bomberpiloten der Ausblick auf den berühmten rot-weißen Leuchtturm von Beachy Head bietet.
Mit einer Höhe von 162 Metern ist Beachy Head der höchste der Kreidefelsen entlang der Küste. Dies hat ihn leider auch zum beliebtesten Ort für Selbstmorde in England gemacht. Fast täglich patrouillieren ehrenamtliche Kräfte das Gebiet, um etwaige Selbstmordkandidaten von ihrem Vorhaben abzubringen.
Daneben droht jedoch auch Gefahr unfreiwillig aus dem Leben zu scheiden, denn die Kante ist kaum abgesichert oder gar mit einem Zaun gesperrt. Es ist also beim Fotografien unbedingt Vorsicht geboten.
Bei klarer Sicht reicht der Blick von hier bis zur Isle of Wight im Westen und der Landzunge von Dungeness im Osten. Frankreich ist übrigens entgegen anderslautender Behauptungen nicht zu sehen. Dies liegt ganz einfach daran, dass die Erde rund ist und sich die französische Küste unterhalb des Horizonts befindet.
Das RAF Memorial erinnert an die englischen Bomberpiloten, die im Zweiten Weltkrieg zu Einsatzen in Nordfrankreich und Deutschland flogen. Viele kehren nicht mehr zurück und Beachy Head war der letzte Ort der Heimat, den sie gesehen hatten. Dem Denkmal gegenüber liegt das Beachy Head Hotel mit einem kleinen Museum, das viele wertvolle Hintergrundinformationen zur Geschichte des Felsens vermittelt.
Von Beachy Head nach Birling Gap
Nach einer Pause geht es am alten Leuchtturm von Belle Tout vorbei weiter nach Birling Gap, einem winzigen Ort, der vermutlich in den nächsten Jahren vom Meer verschlungen werden wird. Derzeit harren noch einige Einwohner aus. Hier endet die Wanderung nach Beachy Head mit einer kleinen (oder je nach Wetter auch längeren) Pause am kleinen Kiesstrand (Tipp: Picknick mitbringen!)
Zurück geht es entweder wieder auf dem sich an der Küste entlang schlängelnden South Downs Way oder über einen etwas direkteren Wanderweg. Busse fahren leider nur sehr selten und unregelmäßig. Wer absolut nicht mehr mag, der kann sich ein Taxi rufen.
Die Seven Sisters
Wer jedoch noch nicht genug hat, kann die Wanderung fortsetzen. Der South Downs Way führt nun weiter zu den Seven Sisters, sieben nebeneinander gelegenen markanten Kreidefelsen. Aber Vorsicht: Der Weg führt über die Mündung des kleinen Cuckmere River, die bei Ebbe zu Fuß durchquert werden kann. Bei Flut muss jedoch ein Umweg von drei Kilometern über die nächste Brücke eingeplant werden. Endstation der Wanderung ist das Seebad Seaford mit wunderschönem Sandstrand und einem Bahnhof für den Rückweg nach Eastbourne.
Die komplette Wanderung von Eastbourne nach Seaford (oder in die Gegenrichtung) ist etwa 22,5 Kilometer lang und nimmt mit Pausen sieben bis acht Stunden in Anspruch.
Die Wanderung nach Beachy Head von Eastbourne aus und zurück ist rund 8 Kilometer lang und dauert etwa drei Stunden. Dies lässt sich gut im Rahmen eines Tagesausflugs von London unternehmen. Dabei bleibt auch noch Zeit für eine längere Pause am Badestrand von Eastbourne und einer Portion Fish & Chips auf der Pier.