Glastonbury

Wer in den 80er Jahren jung war und halbwegs gerne Bücher las, kam in jener Zeit um „Die Nebel von Avalon“ von Marion Zimmer-Bradley nicht herum. Die Nacherzählung der Artussage, in der Artus‘ Schwester Morgaine (aka Morgan le Fay) die zentrale Rolle spielte, war einer der größten Bestseller der Dekade und galt zumindest damals als feministisches Meisterwerk. Aus heutiger Sicht betrachtet ist das zwar ausgesprochener Humbug aber sei’s drum.

Damals liebte ich das Buch und beschäftigte mich intensiver mit den Mythen um König Artus. Es sollte allerdings noch etliche Jahre dauern, bis ich dann endlich selbst den Weg nach Avalon fand – oder besser gesagt nach Glastonbury, jenem Ort in der Grafschaft Somerset, an dem sich (angeblich) einst die legendäre Insel befunden haben soll.

Einmal auf den Tor hinauf

Schuld daran ist vermutlich der Tor (Ynys Wytrin), ein Hügel der zwar eigentlich nur 158 Meter hoch ist, aber damit recht beeindruckend aus der flachen Landschaft herausragt. Besonders an nebelverhangenen Tagen ergibt dies leicht den Eindruck einer Insel im Nebel, wie dieses schöne Foto von Wikipedia zeigt. Schon zu keltischen Zeiten war der Hügel besiedelt, ehe nacheinander die Römer und Angelsachen kamen.

Im 11. Jahrhundert wurde die erste dem heiligen Michaelis gewidmete Kirche auf dem Tor errichtet, die jedoch 1275 von einem Erdbeben geplättet wurde. Von der zweiten im 14. Jahrhundert errichteten Kirche steht heute nur noch der Turm, der den Tor von weitem noch ungewöhnlicher wirken lässt.

Die Kirche selbst fiel genau wie Glastonbury Abbey dem Wüten von Henry VIII. zu Opfer, der in seinem Krieg gegen die katholische Kirche 1539 sämtliche Klöster der Insel zerstören ließ. Ob man nun an Avalon, keltische Mythologie und die Welt der Feen glaubt oder nicht – der Aufstieg auf den Tor lohnt sich schon für die wunderschöne Aussicht über die Landschaft von Somerset.

Chalice Well: Der heilige Gral

Abtei Glastonbury

Eine der populärsten Legenden rund um Glastonbury ist die Geschichte von Josef von Arimathäa der bei seiner Ankunft in Glastonbury seinen Wanderstab in den Grund steckte, aus dem ein heiliger Dornbusch entsprang. Den Glastonbury Thorn, eine Unterform des Hagedorns, gibt es zwar tatsächlich, aber vermutlich wächst er schon viel länger in der Region. Ebenfalls ins Land der Fabel gehört die Geschichte, dass Josef von Arimathäa den Kelch mitbrachte, aus dem Jesus beim letzten Abendmahl getrunken hatte und aus dem sich die Legende um den Heiligen Gral entwickelte (womit wir wieder bei König Artus sind).

Dennoch lohnt sich der Spaziergang zur Chalice Well, einer Quelle, aus der ungewöhnlich rotes Wasser sprudelt. Die Farbe hat jedoch weder etwas mit dem Blut von Jesus zu tun, noch mit dem Menstruationsblut der Göttin, sondern schlicht und einfach mit Eisenoxid im Boden. Die Quelle befindet sich in einem wunderschön gestalteten Garten, in dem es sich gut eine Weile aushalten lässt.

Glastonbury Abbey

Von der beeindruckenden mittelalterlichen Abtei von Glastonbury sind leider nur noch einige Grundmauern übrig. Hier wüteten die Truppen von Henry VIII. besonders gründlich.

Mitten in den Grünflächen sind zwei markierte Stellen zu stehen, an denen sich angeblich die Gräber von König Artus und seiner Königin Guinevere befinden. Vermutlich gehen die Gräber auf einen besonderen cleveren Mönch zurück, der damit im Mittelalter Pilger nach Glastonbury locken wurde, um die 1184 teilweise abgebrannte Abtei zu restaurieren.

Wenig überraschend gibt es entlang der Hauptstraße von Glastonbury überdurchschnittlich viele „New Age“-Läden, die allen möglichen spirituellen Klimbim anbieten. Dieser hat mit der keltischen Mythologie eigentlich nichts mehr zu tun, aber wer schon immer mal heilende Kristalle kaufen wollte oder Pulver für einen Liebestrank, ist hier richtig.